Warum Erwartungen selten glücklich machen

Erwartungen

In meinen Sitzungen, aber natürlich auch in meinem Privatleben, stolpere ich immer wieder über ein Thema, das ein erstaunliches Potential in sich birgt, Leid zu erschaffen. Und das sind Erwartungen. Erwartungen an uns selbst, Erwartungen an andere, Erwartungen, die an uns gestellt werden.

 

Was ist denn so schlimm daran, Erwartungen zu haben, fragst du dich (oder mich) vielleicht. Naja, Erwartungen möchten erfüllt werden. Das fängt mit Kleinigkeiten an. Der 'Personennahverkehr' zum Beispiel ist ein phantastischer Erwartungsbrecher. Du bist verabredet und fährst mit dem Bus in die Stadt, Innenstadt, aufs Land, wohin auch immer. Da du Deutsche(r) bist, oder deutsche Vorfahren hast, einen deutschen Nachbarn oder zumindest einen deutschen Schäferhund, möchtest du natürlich pünktlich zur verabredeten Zeit da sein. Oder jedenfalls einigermaßen. Du bist pünktlich an der Haltestelle, aber wer nicht kommt ist der Bus. Du erwartest aber, das der Bus jetzt kommt. Steht so auf dem Fahrplan!

 

(Kleiner Exkurs: Nichts solidarisiert mehr, als enttäuschte Erwartungen und der damit verbundene verbal ausgedrückte Frust. Menschen, die normalerweise an der Haltestelle so tun würden, als wären die anderen um sie herum unsichtbar, sprechen, nein, schimpfen plötzlich gemeinsam. Nun könnte man das ja als durchaus positiv bewerten, leider ist die Energie die dabei entsteht nicht wirklich fröhlich...)

 

Stress

 

Die nicht erfüllte Erwartung löst also Stress aus. Wenn du einmal an deine letzte Woche zurück denkst, wie oft hast du Stress, Angst, Ärger, Hilflosigkeit empfunden, weil eine Erwartung nicht erfüllt wurde? Partner, Eltern, Geschwister, Freunde, Kollegen, Nachbarn, Chefs, alle haben Erwartungen an uns. Und genauso haben wir Erwartungen an sie. Und da sind wir noch gar nicht bei den Erwartungen, die wir an uns selbst stellen (warum eigentlich?).

 

Will ich das?

 

Mal ehrlich, hast du immer Lust, anderer Leute Erwartungen an dich zu erfüllen? Und ich meine damit: hast du Lust, macht es dir Freude, willst du das selbst - nicht, ob du dich verpflichtet fühlst oder Angst vor Liebesentzug hast. Also ich habe dazu keine Lust. Oft empfinde ich die Erwartungen Anderer sogar als ziemliche Frechheit. Jaja, meine Bewertung... Wenn ich etwas machen möchte, dann bitte freiwillig, aus meinem eigenen Überschuss heraus.

 

Gestehe ich das den Anderen auch zu? Oder verursache ich mir selbst eine Menge Leid, Stress, Frust, weil ich davon ausgehe, eine bestimmte Person oder Situation müsste doch so oder so sein?

 

Weg damit

 

Schau dir in den nächsten Tagen mal die Momente genauer an, in denen du dich nicht wohl fühlst. Und falls du im Hintergrund eine Erwartung lauern siehst, egal ob bei dir oder deinem Gegenüber, dann mache dir - und falls nötig auch deinem Gegenüber - klar, dass niemand auf der Welt dazu da ist, anderer Leute Erwartungen zu erfüllen. Wir haben nur Angst vor den Konsequenzen unserer eigenen Klarheit. Aber Angst kann man ja auflösen.

 

...und dahinter wartet die Freiheit. Um die kümmern wir uns ein anderes Mal :)

Kommentar schreiben

Kommentare: 0